LOGBUCH
05.05.2022
Begleitung von Angehörigen und Fachkräften
Seit September 2020 begleite ich Institutionen, Fachkräfte und Angehörige von Menschen mit Autismus.
Im Zuge meiner Forschungsarbeit und der Implementierung erster Ansätze im pädagogischen Alltag entwickelte ich mein Konzept weiter. Durch den intensiven Austausch mit Eltern und Fachkräften und der praktischen Arbeit mit meinen autistischen Klienten, rückte ein besonderer Schwerpunkt in den Vordergrund: Die Beziehungsqualität im Alltag.
Wie kann eine Beziehung zwischen Menschen gestaltet werden, die mit unterschiedlichen Kommunikationsmitteln ausgestattet sind?
Autismus ist eine Kontaktstörung, bei der sich der Autist in seine eigene Welt zurückzieht. Die meisten Betroffenen haben Probleme mit sozialen Kontakten, Kommunikation und Sprache. Eltern und Angehörige hingegen, die einen autistischen Menschen begleiten, sind anders ausgerichtet und folgen instinktiv anderen Regeln der Kommunikation. Daher kann das autistische Verhalten herausfordernd und belastend wirken.
Selbst ausgebildeten Fachkräfte stoßen im Alltag in der Begleitung mit ihren autistischen Klienten an ihre emotionalen Grenzen, denn bewährte pädagogische Ansätze scheinen im Umgang mit ihren Klienten plötzlich nicht zu funktionieren.
Über gezielte Techniken und Methoden können diese vermeintlichen Konflikte ausgeglichen werden:
In dem wir Brücken bauen, auf denen wir uns begegnen.
Im Fokus meiner therapeutischen Prozessarbeit stehen Klient und Betreuer bzw. Begleitperson gleichermaßen. Um ein vertrauensvolles Miteinander zu ermöglichen, müssen die Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigt werden. Wir können einen autistischen Menschen nur aus seiner Isolation begleiten und langfristig herausforderndes oder autoaggressives Verhalten reduzieren, wenn die Kommunikationskanäle geöffnet sind. Eine erfolgreiche Beziehungsaufnahme ist die Grundlage für alle weiteren therapeutischen Prozesse.
Das Konzept ist ganzheitlich angelegt und unterstützt Institutionen und Fachkräfte die vermittelten Methoden mit den Anforderungen der Einrichtung zu vereinbaren. In der Zusammenarbeit werden individuelle Lösungen für den konkreten Alltag erarbeitet, um positive Veränderungen für den Klienten und sein gesamtes Umfeld nachhaltig zu initiieren.
18.02.2021
Konzeptionalisierung
Als Wissenschaftlerin erforsche ich die Wirksamkeit von musikbasierten Interventionen für den Einsatz im Autismusbereich und untersuche Ansätze, wie Musik und Klang in den Alltag von Menschen im Autismusspektrum integriert werden können.
In diesem Zusammenhang entwickelte ich ein körperorientiertes pädagogisches Konzept, in dem ein Klangkissen als sensorisch-stimulierendes Hilfsmittel dient. Das Klangkissen ermöglicht auf spielerische Weise auditive (Musik und Klang), taktile (Textur und Vibrationen), visuelle (Farben und Muster) und kinästhetische Sinne (Interaktion) einzubeziehen und durch die beruhigende Eigenschaft der Musik leichter zu verarbeiten. Auf diese Weise soll die Körperwahrnehmung gefördert und sensorische Verarbeitungsstörungen reduziert werden.
Im Zuge meines Forschungsprojektes am Musikkonservatorium Aarhus in Dänemark, habe ich zu diesem Thema eng mit Familien und Therapeuten in Deutschland zusammengearbeitet und verschiedene Ansätze getestet. Dabei war eine Intervention am erfolgreichsten, wenn das Hilfsmittel durch gezielte Methoden und Techniken in den Alltag des Klienten sukzessiv integriert und in den verschiedenen Lebensbereichen angeboten wurde. Die Klienten lernten, das Klangkissen intuitiv als Bewältigungsstrategie und "mentalen Rückzugsraum" einzusetzen, wodurch Überstimulation und Stress reduziert werden konnten.
17.06.2020
DMEA sparks Nachwuchspreis 2020
CONNECTING DIGITAL HEALTH
Mein Masterprojekt Making Sense Of The World – The Creation Of An Interactive Musical Device For Children With Autism wurde für den DMEA sparks Nachwuchspreis 2020 als eines der fünf besten Masterarbeiten ausgewählt.
Neben den von der Fachjury vergebenen Preisen konnte in diesem Jahr bei der neuen Kategorie "Digital Audience Award" das Publikum mitentscheiden. Mehr als 1.000 Teilnehmende waren dem Aufruf gefolgt und haben ihre Stimme für ihre Favoritinnen und Favoriten abgeben. Dabei konnte Clara Chill in der Kategorie Masterarbeiten die meisten Stimmen auf sich vereinen mit ihrer Arbeit zu einem interaktiven Klangkissen für Kinder mit Autismus.
In meinem Präsentationsvideo spreche ich über das Projekt und erkläre, wie Musik und Klang als wirksame Behandlungsmethode im Autismusbereich eingesetzt werden kann.
08.02.2017
“A new dynamic for Autism” - 12. Autism-Europe’s International Congress
Am 16. Juni 2019 schaffte es mein Projekt bei der Kampagne “A new dynamic for Autism” des 12. Autism-Europe's International Congress von insgesamt 70 Projekten in weniger als 24 Stunden auf Platz 11. Viele der Projekte waren bereits monatelang online, daher ist das Ergebnis besonders erfreulich.
Vielen Dank für Ihr Voting!
18.06.2019
Klangkissen wird im ATZ erprobt
Das AutismusTherapieZentrum beteiligt sich seit Anfang diesen Jahres an einer Forschungsarbeit zum Thema Musik und Autismus
Die Berliner Musikerin und Komponistin Clara Chill erforscht die Wirksamkeit von Musik im Zusammenhang mit Autismus. Sie sucht nach Möglichkeiten, Musik und Klang auf einfache Weise in den Alltag von Menschen im Autismus-Spektrum zu integrieren und dafür einen musikalischen Alltagsbegleiter zu entwickeln. Dieser soll dabei helfen, sich mentale Rückzugsräume zu schaffen, um Reizüberflutungen zu verarbeiten.
Im Zuge ihrer Forschungsarbeit kooperiert Clara Chill seit Anfang 2018 mit dem dänischen Start-Up inmutouch, das ein sensorisch-stimulierendes System in Form eines weichen Kissens für Menschen mit Demenz anbietet. Clara Chill folgt diesem Konzept und arbeitet eng mit Familien, Therapeut*innen und Pädagog*innen zusammen, um das Gerät weiterzuentwickeln und die interaktive Klangwelt an die Bedürfnisse von Menschen im Autismus-Spektrum anzupassen.
Der Prototyp wird zur Zeit von Clara Chill in einer Pilotstudie auf seine Wirksamkeit getestet. Auch das AutismusTherapieZentrum konnte erste Erfahrungen mit dem Klangkissen sammeln und bestätigt seine außerordentlich beruhigende Wirkung auf viele Klient*innen. So konnte beobachtet werden, dass manche Betroffene das multisensorische Hilfsmittel gar nicht mehr aus den Händen legen wollten. In einigen Fällen wurde durch die Anwendung selbst-stimulierendes Verhalten vermindert. Wir können uns gut vorstellen, dass das Klangkissen viele Menschen im Autismus-Spektrum langfristig in ihrem Alltag unterstützen kann und wünschen Clara Chill weiterhin viel Erfolg bei ihrem Projekt.
17.04.2019
Honigreise – Frühlingsausgabe 2019
„Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“
Victor Hugo (1802-1885)
Musik berührt uns direkt und spricht unsere Emotionen an. Beim Hören von Musik werden wir selbst zum Ort des Geschehens. Musik ist nicht greifbar und erwacht erst in uns zum Leben. Durch Musik können wir dem Chaos der Welt entfliehen… und das ist vor allem für diejenigen wichtig, auf die die Reize ungefiltert einwirken.
Menschen mit Autismus haben oft eine zu hohe Sensibilität gegenüber dem Lärm der Welt. Auch Musik ist für sie nicht einfach anzunehmen. Klänge reflektieren an der Wand oder an Gegenständen und treffen in großen Zeitabständen erst im einen, dann im anderen Ohr ein. Manchmal klingen die schönsten Melodien verzerrt, oder Rhythmen hören sich wie ratternde Maschinen an. Die Reaktionen im autistischen Menschen darauf sind nicht vorhersehbar: In einem Moment entfaltet die Musik all ihre Wunder, und im nächsten Moment tut sie einfach nur weh.
Als Komponistin suche ich nach Möglichkeiten, Musik und Klang in den Alltag autistischer Menschen zu bringen. Wie kann die Wirkung von Musik und Klang trotz der hohen Sensibilität auf angenehme Weise genutzt werden?
Es entstand die Idee, einen musikalischen Alltagsbegleiter für Autisten zu entwickeln, der helfen soll, sich Rückzugsräume zu schaffen, um die Reizüberflutung zu verarbeiten. Er soll als Brücke dienen – eine Brücke, auf der wir uns begegnen können. Dazu braucht es keine körperliche Berührung, oder Worte, ja nicht einmal Blickkontakt, der Menschen mit Autismus schwerfallen kann. Denn Musik wirkt auf einer ganz anderen Ebene.
Durch die Begegnung mit dem Start-Up inmutouch aus Dänemark konnte ich meine Idee umsetzen. inmutouch hat ein sensorisch-stimulierendes System für Menschen mit Demenz konzipiert. Die Musik hilft den Betroffenen, sich zu erinnern. Wie Autismus ist auch Demenz eine Wahrnehmungsstörung, bei der es schwerfallen kann, Reize richtig einzuordnen. An dieser Stelle setze ich mit meinem Projekt an, um das Gerät weiterzuentwickeln und an die Bedürfnisse autistischer Menschen anzupassen.
Dabei ist ein interaktives Klangkissen entstanden. Allein durch Berührung entfaltet es einen Raum aus Tönen, in die man versinken und der man lauschen kann. Die Musik ist interaktiv, gleichsam aber auch strukturiert, um beim Menschen mit Autismus typische Denk- und Wahrnehmungsmuster widerzuspiegeln. Es gibt einen Grundklang, der den Zuhörer räumlich "umhüllt" und dadurch ein Gefühl der Sicherheit erzeugen kann. Durch das Drücken auf der Oberfläche des Kissens lösen tiefe Klänge rhythmische Schwingungen aus, die beruhigen und Freiraum für Emotionen und Gefühle entstehen lässt. Werden die Bewegungen größer, wird diese Energie durch melodische Elemente wiedergegeben. Auf diese Weise kann man sich auf die Suche nach Klängen machen, die Klangwelt mit all ihren Facetten entdecken und gleichzeitig Ruhe und Geborgenheit erleben.
Seit Anfang 2019 wird der Prototyp in einer Pilotstudie mit Familien und Therapeuten auf seine Wirksamkeit getestet. Die Teilnehmer bewerteten das Klangkissen vor allem positiv, da es Musik sozusagen fühlbar und sichtbar macht und auf diese Weise als multisensorisches Hilfsmittel genutzt werden kann.
03.04.2019
2019: Pilot-Studie
Seit 2017 kollaboriere ich mit dem dänischen Team von inmutouch, um ein interaktives Klangkissen speziell für Kinder mit Autismus weiterzuentwickeln. Im Zuge meiner Masterarbeit führte ich eine fünfwöchige Pilotstudie mit Familien und Therapeuten durch, um den Prototyp auf seine Wirksamkeit zu untersuchen.
Die Ergebnisse lieferten erste Hinweise darauf, dass das Gerät ein effektives Werkzeug ist, um Bereiche, die im autistischen System häufig durch Überstimulation beeinträchtigt sind, positiv zu beeinflussen. Das Gerät war besonders effizient als Bewältigungsstrategie, zum Stressmanagement und als "Rückzugsraum", um Überstimulationen zu reduzieren. Für mehr als die Hälfte der Testteilnehmer mit selbststimulierenden oder autoaggressiven Verhalten, die das Klangkissen in ihren Alltag integriert haben, konnte dieses Verhalten während der Beschäftigung mit dem Klangkissen umgeleitet werden. Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse, dass Symptome wie Schlaf- und Konzentrationsprobleme sowie Hyperaktivität und Unruhe durch die Anwendung reduziert werden konnten und somit eine allgemeine Verbesserung der Lebensqualität fast aller Teilnehmer erreicht wurde.
(Das Projekt wurde im Juni 2019 abgeschlossen)
08.02.2017
Durch den Austausch mit Familien mit autistischen Kindern, stellte ich immer wieder fest, dass Musik ein äußerst wirkungsvolles therapeutisches Medium darstellt. Auch wissenschaftliche Untersuchungen unterstützen meine Beobachtungen. Daher ist es naheliegend, dass musiktherapeutische Interventionen im Alltag eingesetzt werden sollten, um Bereiche, wie Kommunikation, Körperwahrnehmung und Selbstregulation positiv zu beeinflussen.
Mein Ziel ist es, autistischen Kindern einen musikalischen Wegbegleiter in die Hände zu geben, der sie in einer oft so chaotischen Welt unterstützen kann, sich selbst zu spüren und ihren Raum zu finden.
Im Zuge meiner Masterarbeit am Musikkonservatorium in Aarhus, werde ich dieses Projekt in Angriff nehmen und wissenschaftlich hinterfragen. In Zusammenarbeit mit dem dänischen Team von inmutouch ist es mir möglich, das interaktive Klangkissen für Kinder mit Autismus weiterzuentwickeln.
(Das Projekt wurde im Juni 2019 abgeschlossen)