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"Was machst Du beruflich?" – Die Identifikation mit dem Beruf

– über den Mut, neue Wege zu gehen.


Eine der ersten Fragen, die wir stellen und/oder gestellt bekommen, wenn wir jemanden kennenlernen. Egal ob auf Familienfeiern, Partys oder Dates – Was machst Du beruflich? scheint für viele das Aushängeschild unserer Identität zu sein. Unsere Identifikation mit unserem Beruf ist so stark. Doch in der Realität sagt die Antwort auf diese Frage oft nur wenig darüber aus, wer wir wirklich sind – über unsere Werte, unsere Sehnsüchte, das, was uns im Innersten bewegt. Denn viele Menschen, die vermeintlich „gut aufgestellt“ sind – erfolgreich im Beruf, fest im Leben stehend – leben in Wahrheit weit entfernt von ihrer Berufung.

 

Was von außen wie „Erfolg“ aussieht – zehn Jahre Karriereleiter, eigenes Haus, finanzielle Sicherheit – kann für Menschen, die mit über 35 noch auf der Suche sind, schnell wie ein verfehltes Ziel wirken. Eine Messlatte, an der man sich selbst zu messen versucht.

 

Ich selbst (Jahrgang '87) bin nicht den konventionellen Weg gegangen. Während andere nach dem Abitur direkt ins Studium übergingen, musste ich mich vom Bildungssystem erst einmal eine Weile erholen. Ich habe gejobbt, Musik gemacht und war mit Anfang 20 mitten in intensiven Dramen und Selbsterfahrungsprozessen verwickelt. Als alle anderen dann mit dem Studium fertig waren, war ich soweit – aber nicht, weil ich unbedingt studieren wollte, sondern weil ich Zugang zu Tonstudios brauchte. Und die gab es eben nur an Universitäten. Ich will hier gar nicht zu sehr in Details gehen. Nur so viel: Mein Weg ist bis heute nicht linear, aber ich fühle: Ich lebe meine Berufung. Und sie lebt mit mir – wächst, wandelt sich, wird immer echter. Es ist irgendwie ein fortwährendes auf-der-Suche sein.

 

Ganz im Gegensatz dazu, begleite ich in meinem Coaching Menschen, die seit 20 Jahren fest im Berufsleben stehen. Von außen betrachtet sieht alles gut aus – aber sie kommen mit gebrochenen Herzen. Sie spüren: Sie haben ihren Seelenauftrag verfehlt. Sie arbeiten in Strukturen, die ihnen nicht gut tun, die ihnen Energie rauben, die sie leer machen.

 

Unsere Gesellschaft ist tief geprägt von Leistung. Wir kommen aus einem alten Arbeiterregime, das uns eingetrichtert hat: Du bist nur etwas wert, wenn Du funktionierst, wenn Du leistest. Dieses Paradigma ließ wenig Raum für echte Herzverbindung – für die Frage: Was will ich wirklich? Stattdessen haben wir gelernt zu funktionieren, statt zu fühlen. Diese Muster sitzen tief. Doch jetzt beginnen wir, sie zu hinterfragen und ... sie zu durchbrechen.

 

Für mich ist berufliche Entwicklung weit mehr als Karriere – sie ist Berufung. Und Berufung bedeutet für mich Seelenauftrag. Gerade wir Hochsensitiven haben es nicht leicht in dieser oft unsensiblen Welt – aber wir sind hier, weil wir etwas in diese Welt geben wollen. Unsere Aufgabe ist es, das zu erkennen und herauszufinden, was es ist.

 

Und wir sind in einer Zeit geboren, in der wir jetzt wirklich alle Möglichkeiten haben, unsere Seelenaufträge zu leben. Denn die Arbeitswelt verändert sich rasant. Die ganz jungen Generationen machen es uns vor: Sie haben keine Lust mehr, sich ausschließlich über Arbeit zu definieren, vierzig Stunden pro Woche zu schuften und ihr Leben dem Job zu unterwerfen. Es geht jetzt darum, neue Wege zu gehen, den Mut zu finden, aus der Reihe zu tanzen, auch wenn das bedeutet, auf ein Sicherheitsnetz zu verzichten. Vielleicht bedeutet es, alte Strukturen zu verlassen und neue zu schaffen. Vielleicht ist es der Weg in die Selbstständigkeit – auch wenn das heißt, zu springen, ohne genau zu wissen, wo man landet.

 

Was es auf jeden Fall bedeutet: Dass wir uns miteinander verbinden und neue Projekte in die Welt bringen, neue Berufe gestalten. Uns gegenseitig inspirieren. Weg von Konkurrenz und Neid – hin zu echter Zusammenarbeit, die tiefgreifend ist. Für uns selbst und für das gesamte Kollektiv.

 

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